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Wenn Gedanken zur Belastung werden (2)

Nun, mein 2. Teil zu „Wenn Gedanken zur Belastung werden“, war eigentlich früher geplant und irgendwie anders gedacht. Früher ging leider nicht, da sich mein Körper spontan eine Auszeit genommen hat. Die Nachwirkungen hielten mich etwas auf. Jetzt aber bin ich in der Lage und somit bereit, wieder zu schreiben.

Irgendwie anders gedacht heißt, dass mir am letzten Sonntag eine Geschichte begegnete, die mich „eingefangen“ hat, die schnell erzählt ist und vieles auf einen einfachen Punkt bringt.

Ich weiß zwar nicht, wie alt diese Geschichte ist – wohl aber schon etwas älter. Denn heute wird eher nicht mehr von Athen nach Korinth gewandert, wie es die nachfolgende Geschichte erzählt.

Ein alter Mann sitzt an der Straße nach Korinth. Ein Wanderer kommt vorüber und fragt: Wie weit ist es denn noch bis nach Korinth? 

Etwa eine Stunde.

Der Wanderer will schon weitergehen, da dreht er sich noch einmal um und fragt: Du, sag mal, was leben da eigentlich für Menschen in Korinth?

Der alte Mann fragt zurück: Wo kommst du her?

Aus Athen, sagt der Wanderer.

Und was für Menschen leben da?

Ach, meint der Wanderer, alles Halunken, Lügner und Betrüger!

Der Alte sagt darauf: Du hast Pech, denn in Korinth wirst du nichts anderes finden. Da sind auch alle Lügner und Betrüger!

Und der Wanderer zieht traurig weiter.

Kurz darauf kommt ein weiterer Wanderer und stellt die gleichen Fragen wie sein Vorgänger. Und wieder erkundigt sich der alte Mann, wo denn der Wanderer herkommt und wie die Menschen dort waren?

Ich komme aus Athen, berichtet der, und dort leben lauter freundliche und hilfsbereite Leute.

Da sagt der alte Mann: Du hast Glück, in Korinth leben die besten Menschen der Welt, alles nette Leute!
Fein, sagt der Wanderer und marschiert fröhlich weiter.

Dies alles hörte auch ein Mann, der sich in der Nähe des alten Mannes niedergelassen hat. Er sprach den Alten an: Ist das nicht nach dem Mund geredet, was Du den beiden da zugerufen hast? 

Nein, sagte der Alte, denn beide haben jeweils ihre Sicht auf Menschen und Dinge in ihrer Welt. Der eine Mann sieht nur das Negative, das Schlechte, da er selbst stets schlecht und negativ denkt. Also wird er auch – egal wo er hingeht – stets nur das erkennen, worauf er sich konzentriert. Der andere aber denkt positiv, optimistisch, ist voller Freude und Hilfsbereitschaft. Also wird er auch Menschen begegnen, die so sind wie er.

Die einen nennen es Spiegelneuronen, die anderen bezeichnen es als Gesetz der Resonanz. Wieder andere nennen es das Gesetz der Anziehung. Wie auch immer, sicher ist:

Du ziehst das in Dein Leben, worauf Du Dich am meisten konzentrierst und womit Du dich am meisten beschäftigst.

Im ersten Teil zu „Wenn Gedanken zur Belastung werden“ habe ich Marc Aurel zitiert:

„Wie die Gedanken sind, die Du am häufigsten denkst, so ist auch Deine Gesinnung.“

Der alte Mann aus der Geschichte gibt mit seiner Antwort lediglich die Gesinnung – oder Einstellung – und den Blickwinkel seiner Gegenüber wieder. Und letztendlich versteckt sich eine einfache Botschaft in der Geschichte:

Wenn wir selbst voller misstrauischer und negativer Gedanken sind, werden wir auch bei anderen auf Misstrauen treffen. Wenn wir aber voller freundlicher, positiver Gedanken sind, dann werden wir viel häufiger auf Freundlichkeit treffen.

Unsere Einstellungen sind ein entscheidender Aspekt unseres Gefühlslebens.

Genau das stellte der amerikanische Psychologe Albert Ellis fest. Unsere Gefühle sind von unseren Einstellungen abhängig. Und auch die alten Griechen wussten:

„Nicht die Ereignisse selbst machen uns glücklich oder unglücklich, sondern wie wir sie bewerten.“

Epiktet (antiker Philosoph, *50, † 138)

Ellis entwickelte ein einfaches Modell für die Entstehung von Emotionen und Verhaltensweisen. Er folgerte aus seiner Forschung, dass ein äußerer oder innerer Reiz allein nicht zu Gefühlen oder Handlungen führt. Vielmehr braucht es noch einen Zwischenschritt: die Beurteilung oder Bewertung. Erst dann entsteht ein Gefühl. Die Formel beschrieb er in seinem „ABC-Modell der Gefühle“:

A – Activating experiences (Ereignis) – innere oder äußere Wahrnehmung
B – Beliefs (Beurteilung) – Annahmen und Interpretationen
C – Consequences (Ergebnis) – Verhalten und Gefühle

Hinter seiner Forschung steckt aber auch die Erkenntnis, dass das ABC der Gefühle keine Strecke, sondern ein Kreislauf ist, eine Schleife. Oder – wie ich es benannt habe – ein Gedankenkarussell.

Auch dazu eine kleine Geschichte, die Dich zum Schmunzeln und zum Nachdenken anregen soll.

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüber zu gehen und ihn aus zu borgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Vielleicht hat er die Eile nur vorgetäuscht und er hat was gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts getan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch bevor er “Guten Tag” sagen kann, schreit ihn unser Mann an: “Behalten Sie ihren Hammer”.

Paul Watzlawick, aus dem Buch „Anleitung zum Unglücklich sein“.

Hinweis:
Watzlawick entwarf mit diesem Buch ein radikales Gegenstück zu der – vor allem in den USA – weit verbreiteten Ratgeberliteratur und zeigt auf, wie man sein Leben unerträglich gestalten kann.

Diese kleine Geschichte soll Dir zeigen, wie sich eine erste Bewertung (…was, wenn er mir den Hammer nicht leihen möchte…) mit jedem Durchlaufen des Kreises sich verstärkt und letztlich in einem direkten Vorwurf an den Nachbarn gipfelt. Gleichzeitig ist es Deine selbst erfüllende Prophezeiung durch die Macht Deiner Gedanken.

Albert Ellis liefert aber auch die Lösung!

Wenn also zwischen Ereignis und Gefühl eine Beurteilung stattfindet, gibt es einen wirksamen Ansatzpunkt – die bewusste oder unbewusste Neubewertung/Neubeurteilung.

Dazu ergänzt er das ABC-Modell um die Punkte D = Disputation (Auseinandersetzung) und E = Effekt (Wirkung). Dadurch sollen negative, belastende Überzeugungen und daraus resultierende Reaktionen in Frage gestellt werden. Der Effekt besteht dann in der Tat in einer kognitiven Umstrukturierung – einer Neuprogrammierung von Verhaltensmustern.

Erkennst Du Dein Verhaltensmuster eigentlich?

Ja!

Denn Du weißt genau, wann Du Dich wohl fühlst und wann nicht.

Das ist der erste Schritt.

Manchmal braucht es dringend eine fachgerechte Betreuung durch Ärzte, Psychologen und/oder Therapeuten. Ohne sie wird es schwierig, diesen Kreislauf zu durchbrechen. Der zweite Schritt ist, sich in diesen Fällen nicht zu schämen, sondern sich Rat bei dem genannten Personenkreis zu holen. Hilfe holen ist nämlich erlaubt! Du bist definitiv nicht alleine – bleibe es daher auch nicht.

Allen anderen soll dieser Artikel helfen, nach und nach Fahrt in die richtige Richtung aufzunehmen.
Das wird sicherlich nicht von heute auf morgen gehen und es bedarf sicherlich viel Übung. Ich gebe Dir nachfolgend nun Tipps und Anregungen, wie Du nach und nach in eine positivere Wahrnehmung kommen kannst.

Tipp 1:

Sei Dir bewusst, dass Deine Gefühle durch Deine Bewertung entstehen und Du daher jederzeit Einfluss auf Deine Gefühle und auf Deine Reaktionen nehmen kannst.

Tipp 2:

„Solange Du glaubst, dass an allem nur die Anderen schuld sind, wirst Du ewig leiden.“

(Dalai Lama)

Bevor Du andere verantwortlich machst, korrigiere Dich sofort und sage: Es sind MEINE Gedanken, mit denen ICH mir das Leben schwer mache.

Tipp 3:

Nutze Dein Umfeld und erkläre Freunden und Bekannten Deine Erkenntnisse. Das gilt – nicht nur in diesem Fall – als der beste Weg um festzustellen, ob Du es selbst verstanden hast.

Tipp 4:

Beobachte Deine Gefühle und trainiere, sie zu analysieren. Am besten, notiere die Situationen in einem Heft nach ABC und beschreibe kurz

A – das Ereignis (was ist passiert; was hast Du bemerkt, gesehen, gehört; wer war dabei)
B – Deine Bewertung (positiv oder negativ; was bedeutet das für Dich; welche Schlussfolgerung)
C – Deine Reaktion (was war das Gefühl; was hast Du getan; was passierte in Deinem Körper)

Tipp 5:

So lange Dein Gefühl ein schlechtes ist, denke Deinen Gedanken ein zweites Mal und prüfe ihn mit folgenden Fragen:

1. Ist mein Gedanke wahr (keine „Fake-News“), entspricht er nachvollziehbaren Tatsachen?
2. Lässt mich mein Gedanke so fühlen und so verhalten, wie ich das möchte?

Wenn Dein Gedanke nicht Tatsachen entspricht oder Dich nicht wohlfühlen lässt, dann frage Dich

3. Was sollte ich denken, damit ich mich fühle und verhalte, wie ich das möchte?

Nutze dazu gerne Deine Aufzeichnungen aus Tipp 4.

Ist das Ergebnis immer noch ein ungutes Gefühl, mit dem Du definitiv nicht zufrieden bist, denke eine dritte Mal, ein viertes Mal usw.

Das sind die Punkte D = Disputation (Auseinandersetzung) und E = Effekt (Wirkung), die Ellis (sh. oben) als Lösung sieht. Denke und hinterfrage Deinen Gedanken so oft, bis sich das Gefühl einstellt, das Du erreichen möchtest.

Tipp 6:

Veränderung braucht Zeit!

Nimm und lass Dir diese Zeit und dränge Dich nicht. Nur wenn Du mit Geduld und Ausdauer über einen langen Zeitraum trainierst, bewusst auf Deine Gedanken achtest und permanent korrigierst, wirst Du Erfolg durch eine Verbesserung Deiner Stimmung verspüren.

Spruch des Blogs:

“Seid neugierig. Und wie schwierig das Leben auch zu scheinen mag, es gibt immer etwas, was du machen kannst.”

Stephen Hawking, Physiker

Aus einer Rede an der Universität Cambridge 2017, gerichtet an die Welt. Stephen Hawking starb am 14.03.2018.

2 Gedanken zu „Wenn Gedanken zur Belastung werden (2)

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