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W∑V4– Die Formel der Menschenführung: Verstehen

“Ich höre Sie gut – aber verstehen tu ich nichts!”

Diese Aussage kam von einem meiner früheren Kollegen anlässlich einer Schulung zum Thema Compliance auf die Frage des Referenten, ob ihn auch jeder verstehe könne.

Und damit sind wir in diesem Blog bereits bei der Hauptsache, nämlich was ich unter “verstehen” verstehe!

Vorab: Ich kann nicht verstehen, wenn ich nicht (zu)höre. Es ist also zunächst das reine Hören, das akustische Verstehen.

Wer sich mit Menschen beschäftigt, muss aber nicht nur gut zuhören können, sondern auch beobachten. Er muss nicht nur beobachten, sondern sich auch in jemanden hineinversetzen und so auf das Verhalten, die Haltung, die Reaktion oder auf die Gefühle des Anderen eingehen können.

All das ist abhängig von der Aufmerksamkeit (wahrnehmen von Verhalten, Handeln, Gedanken und Gefühlen), die wie unserem Gegenüber schenken, und unsere Achtsamkeit (engl. Care) als eine besondere Form der Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse und Belange anderer Menschen.

Dabei kommt es auch wesentlich darauf an, aus dem Gehörten, Beobachteten und Verstandenen die richtigen Rückschlüsse mit Hilfe einer vorurteils- und wertfreien Bewertung zu ziehen.

Verstehen heißt auch zu erkennen, was andere benötigen, um ihr Bestes geben zu können. Haben die Beschäftigten klare Arbeitsaufträge, notwendige Informationen oder die richtigen Arbeitsmittel? Entspricht die Aufgabe der Qualifikation? Stimmen die zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitsbereich? All das können Sie durch zuhören und beobachten verstehen.

So verstehen Sie Ihre Mitarbeitenden richtig:

Zuhören

“Zuhören können” wird häufig – auch in Unternehmen – unterschätzt. Wer anderen Menschen, besonders aber seinen Mitarbeitenden zuhört,

  • kann bessere Entscheidungen treffen, da er mehr erfährt
  • gibt dem anderen das Gefühl von Respekt und Wertschätzung
  • ist selbst konzentrierter und wird seinerseits mit mehr Respekt und Wertschätzung bedacht

Ein paar Regeln, die Ihnen das Zuhören erleichtern:

  • Seien Sie einfach mal still.

    “Solange man selbst redet, erfährt man nichts.” (Marie v. Ebner-Eschenbach).

    Die Kunst des aktiven Zuhörens liegt im eigenen Schweigen. Seien Sie dabei auf Ihren Gegenüber fokussiert und bleiben Sie präsent. Halten Sie Blickkontakt. Denn man merkt sofort, wenn Sie im Gedanken abschweifen. Lassen Sie andere grundsätzlich erst einmal ausreden.

    Übrigens: Hören Sie immer länger zu, als Sie selbst reden. Sie kommen dadurch als intelligenter und symphytischer Gesprächspartner rüber.

  • Stellen Sie Fragen.

    Entweder weil Sie es akustisch oder weil Sie es inhaltlich nicht verstanden haben. Goethe formulierte es so: “”Es hört doch jeder nur, was er versteht.” Wenn Sie also etwas inhaltlich nicht verstehen, ist nachfragen noch viel wichtiger. Wiederholen Sei dabei das, was Sie verstanden haben in Ihren eigenen Worten.

  • Reden Sie nicht dazwischen.

    Erstens ist das wenig respektvoll und zweitens unterbrechen Sie den Redefluss ihres Gegenübers. Das führt unter Umständen dazu, dass er den roten Faden verliert und/oder Sie den Inhalt. Vervollständigen Sie auch keine Sätze, wenn Ihr Gesprächspartner

  • Schaffen Sie eine angenehme Atmosphäre

    Damit ist nicht (nur) der Ort gemeint, an dem ein Gespräch stattfindet. Denn oftmals finden Gespräche auch by-the-way statt. Es ist die Atmosphäre gemeint, die Sie selbst schaffen. Alles, was Sie ausstrahlen, jedes Kopfnicken oder –schütteln, Ihre Haltung, Ihre Mimik, all das wirkt auf Ihren Gesprächspartner. Wenn Sie selbst keine Ruhe und Konzentriertheit ausstrahlen wird das Gespräch für beide Seiten nicht angenehm sein. Und ob Sie dann die Informationen erhalten, um zu verstehen, ist eher unwahrscheinlich.

Beobachten

Achten Sie auf die Körpersprache Ihres Gesprächspartners. Halten Sie Blickkontakt und nehmen Sie so auch die kleinste Mimik oder Gesten auf. Vielleicht erkennen Sie eine gewisse Nervosität. Wenn Sie respektvoll und achtsam dabei sind, können Sie dies auch gerne ansprechen. Es wird mit Sicherheit als freundliche und vertrauensvolle Geste ausgelegt.

Vermeiden Sie dabei, von sich auf ihren Gesprächspartner zu schließen oder aus eigenen Erfahrungen Vorurteile aufzubauen. Und fällen Sie nicht allzu schnell ein Urteil aufgrund einzelner Äußerungen oder Gesten.

Aufmerksam sein

Aufmerksamkeit ist die Wahrnehmung der Umgebung mit allen Sinnen.

Wenn wir jemanden unsere Aufmerksamkeit schenken, konzentrieren wir uns völlig auf diesen.

Wir nehmen bestimmte Dinge wahr und machen uns diese Eindrücke bewusst. Wir interpretieren das Gehörte und Beobachtete auf der Grundlage unserer eigenen Erfahrungen und Glaubenssätze. Wir bewerten unsere Eindrücke mit Annahme (positiv) oder Ablehnung (negativ) aufgrund unseres Wissens und Erfahrungen, sowie aus unseren eigenen oder gesellschaftlichen Wertevorstellungen. Und am Ende reagieren wir verbal oder nonverbal auf das Gesagte. Versuchen Sie dennoch, trotz Ihres Wissens und Ihrer Erfahrung, Ihrer eigenen Bewertung nicht allzu viel Gewicht zu geben. Für Sie ist nämlich wichtig, welche Bewertung und welches Gewicht Ihr Gesprächspartner seinem Vortrag gibt.

Die oben beschriebene Reihenfolge entspricht dem WIBR-Modell nach Lyman K. Steil (Wahrnehmung, Interpretation, Bewertung, Reaktion).

Aktives Zuhören erfolgt demnach in den Schritten

  • Beobachten (Wahrnehmen)
  • Verstehen (Interpretieren, Bewerten)
  • Antworten (Reaktion

Beobachten heißt: Blickkontakt halten, Kopfnicken, Aufmerksamkeitslaute wie “mmmh” oder “aha” einfließen lassen, Pausen zulassen, in denen der Partner vielleicht nach Worten sucht oder selbst einfach mal eine Pause braucht.

Verstehen heißt: Rückfragen stellen, zusammenfassen, Bedürfnisse und Belange raushören

Antworten heißt: Gemeinsames Verständnis überprüfen, Gefühle spiegeln (auch die eigenen)

Achtsam sein

Achtsamkeit steht lt. Wikipedia für

  • eine besondere Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse und Belange andere Menschen (engl.: Care)

und/oder

  • einen besonderen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand (engl.: Mindfulness)

In beiden Fällen beschäftigt sich Achtsamkeit mit dem Hier und jetzt. Wer achtsam ist, nimmt den aktuellen Moment des (Er-)Lebens bewusst wahr – und das mit allen Sinnen. Die Kunst dabei ist, sie wertfrei zu beobachten und einfach zu akzeptieren, dass sie da sind.

Achtsamkeit ist bedingungs- und vorbehaltlos. Sie ist eine behutsame und empathische Anteilnahme, die sich mit Bedacht und interessiert dem Gegenüber zuwendet. Sie ist daher auch eine ganz besondere Form der Wertschätzung.

Für Sie persönlich:

Achtsamkeit im Sinne des Mindfulness ist erlernbar. Sie hilft, dem – Ihrem – rast- und ruhelosen Geist eine Ruhepause einzuräumen und damit Körper, Geist und Seele wieder in Einklang zu bringen. Der Kopf wird sprichwörtlich leer und es gelingt Ihnen, stressige Situationen gelassener und entspannter wahrzunehmen.

Achtsamkeit ist, mit sich selbst wertschätzend umzugehen, seine eigenen Bedürfnisse zu erkennen und anzuerkennen, mit seinen Kräften hauszuhalten und am Ende mit sich und seinen Gefühlen ins Reine zu kommen.

Wer also gelernt hat, mit sich selbst achtsam umzugehen, wird sich auch bei der Achtsamkeit anderen gegenüber deutlich leichter tun.

Verständnis zeigen

Verständnis meint die Fähigkeit, sich in jemanden hineinzuversetzen, zu verstehen, was gemeint ist. Es ist das Einfühlungsvermögen das hilft, eine innere Beziehung zu jemand oder etwas aufzubauen.

Verständnis für etwas zu haben funktioniert jedoch nur, wenn ich vorher verstehe, um was es geht. So kann ich nicht nur zeigen, dass ich Gedankengänge oder Zusammenhänge verstanden habe, sondern dass ich auch ein daraus resultierendes Verhalten oder Reaktionen nachvollziehen kann. Herausforderungen und Probleme entstehen sachlich, werden aber überwiegend emotional empfunden. Die Lösung jedoch ist nicht möglich, solange die Emotionen überwiegen. Erst die Reduzierung auf die Sachebene schafft eine Lösungskompetenz. Zuhören und Verständnis zeigen sind damit die besten Voraussetzungen, nach dem Abwägen aller Faktoren zurück zur Sachebene zu finden und damit Lösungen zu ermöglichen.

Verständnis heißt auch, ihren Gegenüber nicht zu belehren, nur weil Sie es aus Ihrer Erfahrung heraus vielleicht der Meinung sind, die Lösung schon zu wissen. Die beste Lösung ist immer noch die, die während oder nach dem Gespräch gemeinsam gefunden wird.

Übrigens entstehen die meisten innerbetrieblichen Konflikte aus unklaren strukturellen Themen wie z. B. unvollständige Anweisungen, fehlenden Regelungen, fehlende Schulungen oder Einweisungen, oder Kommunikationsdefizite um nur einige zu nennen. Empfunden werden diese Defizite jedoch überwiegend emotional, meist in Beziehungen zwischen Führendem und Geführtem oder auch zwischen Kollegen*innen.

Und da braucht es manchmal ganz viel Verständnis, wenn eine Situation nicht vollständigen eskalieren soll.

Verstehen

Verstehen ist so viel mehr als reines zuhören und ich hoffe, dass dieser Artikel ihr Augenmerk weit über das reine “Hören” hinaus lenkt.

“Ich/Wir haben verstanden” ist somit ein Signal des Aufbruchs und ein Signal an die Menschen, Dinge in ihrem Sinne anzupacken. Idealer Weise gemeinsam. Vor allem aber geben Sie zu verstehen, dass Ihnen der Mensch nicht egal ist.

Und weil Sie verstanden haben bedeutet das am Ende auch zu “handeln”. Das heißt nicht, dass Sie all die Erwartungen und Bedürfnisse Ihrer Mitarbeitenden – oder auch Ihre eigenen – immer erfüllen können. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof. Handeln heißt jedoch immer, auf den Menschen einzugehen, und sei es mit der Erklärung, warum eben nicht immer alles in Erfüllung gehen kann.

Und bei all dem Zuhören und dem gesamten drum herum werden Sie auch merken, wie viel “Gold” – wie viel Kreativität, Ideen und Inspiration – in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter schlummert. Sie können dies ganz bewusst aktivieren. Zum Beispiel durch ein Vorschlags- und Verbesserungssystem. Aber das ist eine andere Geschichte….

Spruch des Blogs:

“Wenn Sie wirklich zuhören, dann geschieht dabei ein Wunder. Das Wunder besteht darin, dass Sie ganz bei dem sind, was gesagt wird, und gleichzeitig ihren eigenen Reaktionen lauschen.”

Jiddu Krishnamurti (Philosoph, 1895 bis 1986)

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