In der Ruhe liegt die Kraft
In der Ruhe liegt die Kraft!
In einer Zeit, in der scheinbar immer mehr von uns erwartet wird, wir Schritt halten müssen, um im System zu bleiben, scheint Ruhe und Innehalten immer mehr in den Hintergrund zu geraten. Wir jagen tagein, tagaus unseren Puls von 0 auf 180 oftmals in weniger Sekunden als ein Sprinter seinen auf 100 Meter. So hetzen wir durch die Zeit, vom Privat- zum Berufsleben, von Montag zum nächsten Freitag, von Urlaub zu Urlaub, von einem Fest zum andern.
Immer mehr, immer schneller, immer öfters geraten wir in Stress. Hektik bestimmt unseren Alltag mehr und mehr. Und wenn wir mal von außen nicht in Stress gesetzt werden, erleben wir ihn in unseren Gedanken und damit im Inneren weiter.
Wir – sind – im – Stress.
Dabei ist Stress, eine ganz natürliche psychische und physische Reaktion. Wir brauchen diese Reaktion, denn sie befähigt uns, besondere Anforderungen zu bewältigen. Denn im Stressmodus sind wir, verglichen mit uns vorher, alles Hochleistungssportler.
Die Atmung wird beschleunigt um Sauerstoff anzureichern. Der Puls steigt an und die Venen erweitern sich, damit das sauerstoffreiche Blut zu den Muskeln umgelenkt wird. Gleichzeitig wird die Durchblutung der Verdauungsorgane deutlich reduziert. Unser Stoffwechselsystem produziert Energie in Form von Zucker und Fetten. Die Insulinausschüttung wird verstärkt, um den produzierten Zucker als Kraftquelle in die Zellen zu transportieren. Gleichzeitig geht unser Gehirn auf Volllast. Unser Denk- und Erinnerungsvermögen nimmt zu und unser Schmerzempfinden gleichzeitig ab.
Der gesamte Körper ist in Sekundenbruchteilen zur Bestleistung bereit.
Und so konnten unsere Vorfahren weglaufen oder kämpfen – schlimmsten falls erstarren.
Damals war jedoch der Stress vorbei, sobald die Situation vorbei war. War der Säbelzahntiger weg, war auch schnell der Stress wieder weg. Atmung, Puls, Blutkreislauf, Stoffwechsel gingen wieder in ihren Normalzustand über.
Und wie sieht unser Säbelzahntiger heute aus?
Erstarren – kämpfen – weglaufen?
Unsere genetischen Anlagen gibt es auch heute noch. Anstelle des Tigers treten nun jedoch Faktoren, die uns sowohl im privaten wie auch im Berufsleben beeinflussen. Sie sind vielfältigster Art. Im Schaubild führe ich einige davon auf.
Wann der Stress hilft!
Menschen, die ein gesundes Selbstvertrauen, ein starkes Selbstbewusstsein haben, die selbstsicher sind, können in solchen Momenten auf ihre Selbstwirksamkeit setzen. Selbstwirksamkeit ist die Überzeugung einer Person, mit den eigenen Fähigkeiten in der Lage zu sein, auch die schwierigsten Momente und größten Herausforderungen aus eigener Kraft zu bewältigen. In diesem Fall hilft der Stresskreislauf, solche Momente dann auch positiv zu bestehen.
Die Fähigkeit der Selbstwirksamkeit ist einer der Schlüssel für Resilienz! Einiges zur Resilienz habe ich im letzten Post ausgeführt (hier nachzulesen: Link)
Hinweis: Das Thema Resilienz werde ich in einem späteren Beitrag nochmals aufgreifen.
Was, wenn er nicht mehr hilft?
Im Vergleich zu früher scheint jedoch so als ob heute ein Stressauslöser dem anderen die Hand reicht. Dabei sind es nicht mehr die existentiellen Gefahren wie Säbelzahntiger, Mammut oder feindliche gesinnte Stämme. Es ist eher die Menge an Einflüssen des täglichen Lebens, die uns in Stress versetzen (sh. Schaubild). Die Menge an Herausforderungen kann dann so groß werden, dass der Stresskreislauf (fast) nicht mehr endet will. Statt
Dann wird der Stress ungesund. Denn er führt den Körper nicht mehr zurück in seinen “Normalbetrieb”. Was aber passiert, wenn Puls, Blutdruck, Durchblutung im Dauerbetrieb bleiben? Dauerstress führt dann zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskelverspannungen, hohe Gehirnbelastung…
Übrigens: Wer im Dauerstress ist, nimmt selten ab. Eher zu. Denn durch den Stress werden insbesondere unsere Muskeln ständig mit Energie (Zucker!) versorgt. Die Insulinproduktion ist daher permanent am Regulieren. Dadurch fällt der Zuckerspiegel und alles im Körper schreit wieder nach Energie von außen. Dem Körper wird dann Zucker in vielfältiger Form geboten. Mehr Zucker im Blut führt jedoch wiederum zu vermehrter Insulinausschüttung. So jagt dann eine Heißhungerattacke die nächste – und wird zum Teufelskreis. Abnehmen ist in dieser Phase so gut wie nicht möglich.
Kurzum: unter Dauerstress reduziert sich unsere Leistungsfähigkeit und unser Denkvermögen. Unser Körper, Geist- und Seele-System wird überlastet. Das führt zu psychosomatischen Störungen bis hin zu Burnout oder Depressionen.
Was tun?
Je nach Fortschritt der Symptome ist der Weg zum Arzt der einzig richtige. Denn nur dort kann erkannt werden, wie weit eine psychosomatische Beeinträchtigung fortgeschritten und in wie weit eine medizinische Therapie und/oder Medikamentengabe angezeigt ist.
Bevor es jedoch so weit kommt bzw. wenn man rechtzeitig erkennt, dass sich nach und nach eine Stress- und Gedankenspirale auftut, gibt es ganz einfache Möglichkeiten, den hochlaufenden Organismus sanft wieder runter zu fahren.
Ganz einfach: durch Atmen!
Denn dieses Instrument – unser Atem – ist stets bei uns. Er hilft, zur Ruhe zu kommen, wieder Kraft zu tanken und sich neu zu konzentrieren. Und das alles ohne Nebenwirkungen!
Bewusstes Atmen nimmt Einfluss auf das vegetative Nervensystem. Sobald wir ihn also beobachten, entfaltet er seine Wirkung. Das hilft im Alltag, mit Stress zurecht zu kommen auftretende Ängste zu lindern oder Emotionen besser zu kontrollieren. Damit können aber auch Rückenschmerzen oder Herzprobleme positiv beeinflusst werden.
Tief durchatmen hilft. Denn der Herzschlag verlangsamt sich, der Blutdruck sinkt und der Körper entspannt sich nach und nach.
Für eine Atemübung findet sich in der weiten Welt der Medien so einiges. Hinweise oder sogar kostenlose Downloads stellen dir einige Gesundheitskassen zur Verfügung, zum Beispiel:
Die Techniker – MP3-Dateien zum Download hier
AOK – Die Gesundheitskassen – Tipps und Technikbeschreibungen hier
DAK Gesundheit – Tipps und Technikbeschreibungen hier
BKK Pfalz – Tipps und Technikbeschreibungen hier
Eine ganz einfache Methode ist 4-7-8-Übung:
Wiederhole die Übung mindestens vier Mal – sie geht so:
- Drücke Deine Zunge ganz leicht an die oberen Schneidezähne (von innen!) und lass sie während der Übung dort.
- Atme vollständig durch Deinen Mund aus, mache dabei ein Schhhhhh-Geräusch (oder was auch dabei immer an Geräuschen rauskommt).
- Schließe Deinen Mund und atme langsam durch Deine Nase ein – zähle in Gedanken von eins bis vier.
- Halte Deinen Atem an und zähle in Gedanken von eins bis sieben.
- Atme vollständig durch Deinen Mund mit Schhhhhh…. aus, während Du in Gedanken von eins bis acht zählst.
Durch das tiefe Einatmen bis in den Bauchraum wird der Körper mit mehr Sauerstoff versorgt. Durch das Anhalten der Atmung gelangt der Sauerstoff besser in den Blutkreislauf. Das lange Ausatmen verlangsamt den Herzschlag. Die Lungen stoßen mehr Kohlendioxid aus. So wird der Körper beruhigt, und von Stress befreit.
Die Übung nimmt sehr wenig Zeit in Anspruch. Sie kann daher auch jederzeit – sobald man spürt nervös, aufgeregt oder wütend zu werden – umgesetzt werden.
Einfach mal hin und wieder Zeit zum Durchatmen nehmen!
Spruch des Blogs:
“Geist und Atem entspringen derselben Quelle. Denken ist das Wesen des Geistes, der “Ich”-Gedanke, das Ego, ist der erste Gedanke. Ego und Atem haben also denselben Ursprung.
Daher ist der Atem still, sobald der Geist bewegungslos wird, und umgekehrt wird der Geist still, sobald der Atem beherrscht ist.”
Ramana Maharshi, indischer Guru (*1879 – +1950)